Welche ADHS Typen gibt es? Die Subytypen Forschung

welche adhs typen gibt es

Zu Beginn diverse Einträge weise ich auf die verschiedenen Klassifikationen der ADHS hin. Also die Subtypen, die inzwischen weitestgehend erforscht und deren Evidenz wissenschaftlich belegt werden konnte. Der vorwiegend hyperaktiv, impulsive Typ. Der vorwiegend unaufmerksame Typ und der Mischtyp. In vielen anderen Werken, die ich bisher lesen durfte, werden diese im späteren Verlauf wenig differenziert betrachtet und Erfahrungsberichte, Erleben und Verhalten werden nicht mehr nach Phänotyp unterschieden, sondern vielmehr nach betroffen von einer ADHS oder nicht betroffen von einer AHDS. Dieses Vorgehen ist absolut legitim, wenn man sich die Vielschichtigkeit dieser Wesensfremdheit vor Augen führt. Es wäre nicht im Sinne eines leserfreundlichen Erlebnisses, vor jeder Aussage oder Erkenntnis einen Disclaimer einzuwerfen, in welchem auf den jeweiligen Subtyp hingewiesen wird, auf welchen sich die darauffolgende Aussage bezieht. Ich halte es deswegen, für sinnvoller, in diesem Absatz einmalig, aber deutlich darauf hinzuweisen. Die Unterschiede, im Erleben der ADHS können maßgeblich sein. Nicht unbedingt vom Mischtyp zu einem der beiden anderen. Aber etwa vom Unaufmerksamen zum hyperaktiv impulsivem und andersherum. Auch mir, viel in der täglichen Arbeit mit den Betroffenen immer wieder auf. Wenn korrekt vordiagnostizierte Patienten einer ADHS vom unaufmerksamen Typ, meinen Schilderungen über waghalsige Geschäftsideen, wilden Abenteuern und dem Drang danach fünfmal die Woche zum Sport zu gehen, nicht wirklich folgen können, muss ich mich immer wieder ermahnen, dass Ihr Erleben ein anderes ist. Bei erwachsenen ADHS-Patienten weisen 56 % den Mischtypus, 37 % den unaufmerksamen Typus und 2 % den hyperaktiv-impulsiven Typus auf. Mehr als ein Drittel der Betroffenen erfährt die Krankheit als anders als ich.

 

Die Unterschiede werden in einem der wichtigsten Symptombereiche, abermals deutlich. Einige Studien (besonders die herausragende von Anette Conzelmann) konnten aufzeigen, dass ADHS-Patienten in Abhängigkeit des Subtyp, Defizite in der emotional-motivationalen Reaktivität aufwiesen.

 

Reaktivität bezeichnet die Fähigkeit von Menschen, auf emotional herausfordernde oder belastende Situationen spontan und mit den angemessenen Emotionen zu reagieren, wobei Emotionen sowohl körperinterne und als durch auch externe Reize ausgelöste Reaktionsmuster bezeichnen. (Stangl, W. 2011). Der Mischtypus und der hyperaktiv-impulsive Typus zeigen eine verminderte Reaktivität auf positive Reize. Der hyperaktiv-impulsive Typ weist außerdem reduzierte Reaktivität auf negative Reize auf. Die Forschung geht davon aus, dass diese Phänomene im sogenannten Hyporaousal begründet sind. Unter dem Begriff Hypoarousal verstehen wir einen Untererregungszustand des Gehirns. Die Hypoarousal Theorie ist ein psychologisches Modell, welches darlegt, dass Menschen mit einer ADHS nach Stimulation von außen suchen, um ihren Zustand anomal niedriger Erregung zu überwinden. Diese niedrige Erregung führt zu der Unfähigkeit oder Schwierigkeit, die Aufmerksamkeit auf eine Aufgabe- mit abnehmender oder monotoner Stimulation oder Neuartigkeit – zu richten. Demnach reagiert eine Person mit verminderter Erregung weniger auf Reize als eine Person mit normaler Erregung. Diese Dysfunktionen der Reaktivität könnten zu hyperaktiv-impulsivem Verhalten und Sensation Seeking führen. Sensation seeking" ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das als Suche nach abwechslungsreichen, neuartigen, komplexen und intensiven Erfahrungen und Gefühlen definiert wird, und die Bereitschaft, für diese Erfahrungen, physische, soziale, rechtliche und finanzielle Risiken einzugehen. Das gefundene Hypoarousal kann darin resultieren, dass vermindert auf Umweltreize und auf Belohnung oder Strafe reagiert wird. Hyperaktiv-impulsives Verhalten und Sensation Seeking treten demnach ausgleichend zur Anhebung des niedrigen Arousals auf. Die Unaufmerksamkeit kann ebenfalls durch einen geringeren Arousal erklärt werden. Mann kann also sagen, dass besonders der hyperaktiv-impulsive Typus und der Mischtypus emotional-motivationale Dysfunktionen aufweisen. Der unaufmerksame Typ, eher kognitive, exekutive Dysfunktionen. Mit den exekutiven Funktionen werden vor allem Aufmerksamkeit, Konzentration und andere kognitive Fähigkeiten in Verbindung gebracht. Weitere Befunde sprechen dafür, dass ADH S-Patienten mit hyperaktiv-impulsiven Symptomen und Mischsymptomen eher eine gestörte Emotionsregulation und soziale Schwierigkeiten aufwiesen als der rein unaufmerksame Betroffene. Gleichzeitig konnte der unaufmerksame Typ mit "Harm Avoidance" assoziiert werden, also einer starken Reaktivität auf negative Reize. "Harm Avoidance" oder Schadensvermeidung ist eine Eigenart, die Menschen in Erwartung ängstlich macht, sie fürchten sich vor Ungewissheit, sind schüchtern vor Fremden und leicht müde. All diese Verhaltensweisen werden mit „Angst“ in Verbindung gebracht, und tatsächlich wird die Eigenschaft der Schadensvermeidung als Persönlichkeitstendenz konzeptualisiert. Am deutlichsten unterschieden sich der hyperaktiv- impulsive und unaufmerksame Typus in den Verhaltensweisen. Dem externalisierenden Verhalten des hyperaktiv-impulsiven und dem internalisierenden Verhalten, des vorwiegend unaufmerksamen Typ. Die Begriffe „internalisierend“ und "externalisierend" werden häufig verwendet, um zu beschreiben, wie Menschen mit ihren Gefühlen umgehen. Bei internalisierenden Verhaltensweisen können sich Menschen unter anderem ängstlich, traurig, zurückgezogen, introvertiert oder schüchtern fühlen. Bei externalisierendem Verhalten zeigen sie Wut, Groll, aggressives Verhalten und Launenhaftigkeit. Als Folge dessen, ist der hyperaktiv-impulsive Typus gänzlich mehr in der emotionalen Reaktivität beeinträchtigt als der Mischtypus und präsentiert sich nicht nur mit verminderte Reaktivität gegenüber positiven Reizen, sondern auch gegenüber negativen Reizen. Der unaufmerksame Typ ADHSler sollte in seinem emotionalen Erleben, dem „Gesunden“ am ähnlichsten sein. In Studien zu emotional-motivationalen Mängeln bei ADHS ergaben sich keine Belege auf Geschlechterunterschiede und emotional-motivationale Dysfunktionen betrafen Kinder und Erwachsene analog. Mit dieser Schilderung, möchte ich verdeutlichen, dass sich nicht jeder ADHS Betroffene in meinen Erläuterungen und den verschiedenen Fallgeschichten wieder finden wird. Dennoch sollten Sie Ihren Fokus nicht auf die Unterschiede, sondern die Gemeinsamkeiten mit anderen Erkrankten legen. Fluch und Segen dieser Konstitution, ist uns allen gleichermaßen auferlegt.

 

 

Quellen:

 

Stangl, W. (Zugriff 2022, 19. April). emotionale Reaktivität. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik. https://lexikon.stangl.eu/31621/emotionale-reaktivitaet.

 

 

 Autor: Jean-Maurice Cecilia-Menzel